Berlin Now | Ein bewohnbarer Ort
Als vor zwanzig Jahren in Berlin die Mauer fiel, wurde aus der geteilten nicht nur eine wiedervereingte Stadt, aus der Insel nicht nur die deutsche Hauptstadt, sondern inmitten der Brandenburger Peripherie entstand eine internationale Metropole: In seiner Vielfalt, der Unfertigkeit, den unterschiedlichen Lebensmodellen, den Spannungsfeldern zwischen „schnell und langsam“, „hässlich und schön“ und „neu und alt“ erinnert Berlin an das New York Anfang der Achtziger. Im In- und Ausland versucht man, diese Stadt zu begreifen und anlässlich des Mauerfall-Jubiläums wagt die Welt am Sonntag-Autorin Dagmar von Taube eine Bestandsaufnahme: Berlin Now.
Herausgegeben im teNeues Verlag und eingeleitet von einem Text des Literaturnobelpreisträgers und Wahlberliners Imre Kertész, umfasst der 264-seitige Bildband über 300 Farbfotografien, deren Schöpfer ihren ganz persönlichen Blick auf die Spree offenbaren.
Das Buch umfasst Momentaufnahmen von Alexandra-Maria Lara oder den Kindern von Gloria von Thurn und Taxis in der Berliner Paris Bar von Oliver Mark, Daniel Biskups Fotografien von Karl Lagerfeld im U-Bahnhof Rosenthaler Platz, Frank Thiels Aufnahmen von der Baustelle um den Reichstag 1998 genauso wie Porträts von Otto Sander, Wolfgang Joop, Daniel Richter, DJ Fetisch, Vera Gräfin von Lehnsdorff oder des Kunstsammlers Heinz Berggruens, der im Jahr 2000 seiner Geburtststadt seine Kunstsammlung verkaufte, dessen Wert mehr einer Schenkung gleichkam.
Außerdem die Bilder-Serie „Für Berlin von Peter Lindbergh. Eine Hommage, Wim-Wendersartig…“, Aufnahmen von Helmut Newton oder Robert Lebeck während der Berlinale 1956.
Ein faszinierendes Kaleidoskop, das Architektur, Kunst, Film, Mode, Medien, Politik und Wirtschaft genauso vereint wie das Besondere im Alltäglichen, das in Berlin hinter jedem Straßenzug wartet. Eben jene Essenz, die Imre Kertész im Vorwort formuliert: „In Budapest, meiner Geburtststadt, werde ich oft gefragt, was ich eigentlich in Berlin suche. (…) Daheim? Zu Hause? Heimatland? – von alledem wird man vielleicht auch einmal anders sprechen können – oder wir sprechen gar nicht mehr davon. Vielleicht wird den Menschen einmal aufgehen, dass das alles abstrakte Begriffe sein und das, was sie wirklich zum Leben brauchen, nichts anderes ist als ein bewohnbarer Ort. Ich verspüre das seit langem.“
264 Seiten
teNeues Verlag
Auflage: 1 (15. Oktober 2009)
Text: Julia Christian
Fotos: Julia Christian, abfotografiert aus „Berlin Now“| shot with Nokia Nseries