Jan Joswig kommentiert …
Das Verhältnis zum Boxen bleibt zwiespältig in Deutschland. Wer hier in Ehren boxen will, muss auch büffeln können. Schachboxen ist der populäre Beleg dafür. Beim Schachboxen spielt man abwechselnd eine Runde Schach, eine Runde boxt man. Da freut sich das akademische Publikum: Selbst in den Ring drängelt sich der Intellekt. Dr. Vitali Klitschko und Dr. Wladimir Klitschko verkörpern die professionelle Variante der Schachboxen-Kombination. Da scheint es nur folgerichtig, wenn den studierten Boxer-Brüdern Klitschko schon zum zweiten Mal nach 2005 der BAMBI im Bereich Sport verliehen wird.
Aber soll es denn keinen einzigen Bereich geben, in dem Vernunft und Intellekt nicht als höchstes Gut gewertet werden? Die absolute Verherrlichung des Geistes seit der Aufklärung braucht ein kritisches Gegengewicht. Der Boxer als Adrenalin-geduschte Instinkt-Maschine, als vegetativer Überlebensmechanismus, der jenseits des Ringes ein überfordertes Kind ist – in diesem Charakter steckt die großartige Poesie des Nicht-Intellektuellen. Dr. Wladimir Klitschko ermahnt dagegen ganz vernünftig zu „Nachhaltigkeit“ im Einsatz für „die schwächsten Mitglieder unserer Gesellschaft, die Kinder“. Die Klitschkos verwischen die Grenze zwischen Ring und Salon – und kastrieren so den Boxsport, würde Ernest Hemingway, der alte Box-Fan, monieren.
Die Auszeichnung der Klitschkos ist eine verständliche Wahl, und ich gratuliere von Sportsfreund zu Sportsfreund – aber leider geht sie an der gesellschaftlichen Potenz des Boxens vorbei.
Bilder > AP
Text > Jan Joswig
Die Klitschkos sind ein Vorbild und verdienen den Preis zurecht.
Henry Maske hat dem deutschen Boxsport zu neuer Popularität verholfen und die Klitschkos sind ein gutes Beispiel gegen die vielen Vorurteile gegen doof-geboxte Boxer.
Das soziale Engagement der beiden macht sie nur noch symphatischer.