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Unter Freunden | Weinerei

Friday, 20. November 2009

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In Berlin gibt es Läden, da geht es höchst sozialistisch zu. Und die Meisten haben von dem Prinzip „Weinerei“ sicherlich schon gehört. Je geheimer das Konzept, je schneller macht es in Berlin die Runde und inzwischen kopiert man die Idee selbst im Westen, wo Kapital eigentlich reichlich vorhanden ist.

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Doch in den Weinereien geht es eben nicht ums Geld, bzw. ums Nicht-Geld. Nur sprechen alle darüber. Eigentlich geht es um die Idee, dass Menschen zusammen Wein trinken, essen, sich austauschen, sprechen, reden, streiten und am Ende des Abends zahlen, was der Abend ihnen wert war. Keine Karte, keine Preise, keine Rechnung. Nur die verbrachten Stunden als Wertmaßstab. Das überfordert manchen.

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Philipp Gross und sein Kompagnon Jürgen Stumpf eröffneten Ende der Neunziger gemeinsam ein Weingeschäft in der Veteranenstraße und aus der Tatsache, dass immer mehr Freunde vorbeikamen, man gemeinsam trank und jeder irgendetwas beisteuerte, entstand schließlich die Notwendigkeit, in einen größeren Laden umzuziehen. So wurde das Prinzip „Weinerei“ geboren – unbeabsichtigt und ohne Plan. Inzwischen gibt es neben dem Weinladen, drei weitere Weinereien, alle mit unterschiedlichem Schwerpunkt – Restaurant, Bar, Café. Doch überall herrscht das gleiche Prinzip: Es gibt jeden Abend eine neu zusammengestellte Auswahl von Rot- und Weißweinen, man nimmt sich ein Glas, schenkt sich selbst an der Bar ein, entdeckt, wechselt, trinkt.

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Gleiches gilt beim Essen: In der Frarosa-Weinerei stellt man sich Abends aus der Karte ein 4-Gänge-Menü zusammen, lässt sich von der experimentellen Nouvelle Cuisine überraschen und den Preis ersinnt man satt und glücklich selbst. 
Und dass sich das Konzept seit über zehn Jahren trägt, ist wohl weniger dem Bezahlsystem zu verdanken, denn vielmehr dem Umstand, dass man zwischen den alten Möbeln, dem Kerzenlicht und den guten Wein auf der Bar noch immer glaubt, bei Freunden eingeladen zu sein.

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Text > Julia Christian
Foto > Gonzalo Baró

Die Weinereien findet man in Berlin, irgendwo rund um den Zionskirchplatz. Und wer nicht, ist selber schuld.

Author: BAMBIblog

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