Julia Zange durchstreift Berlin | Ars pro toto
Berlin ist die Weltkunststadt. Egal, ob in New York vielleicht mehr besser bezahlte Künstler wohnen. Hier ist alles Kunst. Egal, ob das besonders aufregend ist. Egal was auf Berlins Nährboden fällt, hat die Freiheit sich entwickeln, ob zu Metastasen oder schönen neuen Körperteilen. Und wenn man sich Woody Allen-Filme aus den 80ern anschaut, die oft in Galerien spielen, denkt man: das kann Berlin mittlerweile auch. Vielleicht sind die Gespräche etwas weniger mit Intellektualismen ausgeschmückt, weil es nicht mehr so schick ist, oder weil mittlerweile und besonders in Berlin auch Leute zu Ausstellungseröffnungen gehen, die damit überhaupt nichts zu tun haben, also alle eigentlich, außer Sammlern und Kunstwissenschaftlern. Ich zum Beispiel.
Cyprien fragte mich mal, warum ich mich immer bei der Kunst rumtreiben würde. Zu was ich mich mehr hingezogen fühlen würde, Kunst oder Literatur. Ich sagte, Literatur natürlich, aber die ist so einsam.
Das Treffen in Galerien hat etwas so schön Unverbindliches. Wenn einen die Leute nerven, sagt man halt, man müsse noch schnell in die Pool Gallery, wo ein Freund kuratiert hat. Man trifft aber überall auf einen Teil des Rudels, also fühlt man sich trotzdem nie allein. Und man trifft einen Mehrwert, einen Grund. Und ein Grund ist Gold wert ist, denn die Zeit knapp. Die Kunst gibt uns ein Bindeglied.
Das Kunstgesellschaften verkörperte sich jüngst in einem bewussten Projekt (auf der Meta-Ebene sozusagen), dem Forgotten Bar Project, welches Bar, Kunst, Essen und Leben verbindet .
In der Torstraße hat die projektGALERIE das künstlerische Partymachen weiter professionalisiert, ebenfalls eine Bar installiert, und die Fotos der Veranstaltungen werden auch noch just in time auf Facebook online gestellt. Man kann über das reden, was man dort sieht. Man muss aber nicht.
Bei COMA sah ich letztes Mal weißen, glänzenden Malgrund in verschiedenen Formen (zufällig hatte ich am Vorabend gesehen, dass der Künstler bunte Filzmarker gekauft hatte, um sie zu bemalen, was er aber aus Zeitgründen dann einfach gelassen hat), bei PROGRAM ein paar Abende später Wollfäden, die durch den Raum gespannt waren und die Routen imitierten, die der Künstler durch China gewandert war, darunter unscheinbare Mädchen, die Milch tranken und sich ab und an auf den Mund küssten.
Gleichzeitig bei Sprüth Magers Cyprien Gaillard, von dessen Kunstwerken man sich verstanden fand und Baldessari, dessen Werke elegant nach Swimmingpool-Wasser rochen. Man steht dort und es ist immer etwas zu hell – eine kurze saubere Gesellschaftszeit.
Text > Julia Zange
Fotos > Julia Zange, shot with Nokia NSeries, processed with Poladroid